(2.2) Die roten Hunde vom Haltenacher

In Rumisberg stand bis etwa 1940 zuoberst an der Haltengasse ein Bauernhof, der «Haltenacherhof». Davon erzählte man sich viele ungeheuerliche und unerklärliche Dinge.

Manchem, welcher über diesen Fussweg nach Farnern oder in die Schoren wollte, begegneten des Abends zwei rote Hunde, die mitten im Weg standen und den Wanderer nicht passieren liessen. Es blieb nichts anderes übrig, als zurück zu weichen und das Ziel mit einem weiten Umweg anzugehen.

Auch an klaren Tagen war es in diesem Haus ungeheuerlich. Dienstmägde und Knechte verliessen jeweils diesen Arbeitsplatz nach kurzer Zeit. Sie erzählten, bei einer Wetteränderung stöhne und ächze das ganze Haus, und ein Jammern sei von zuoberst bis in den Keller zu hören, dass es einem heiss und kalt über den Rücken fahre!

Als der Besitz wechselte, warnte man den neuen Eigentümer wegen der Geister im Hause. Er aber meinte, den roten Hunden werde er schon den Meister zeigen und das Gejammer und Geseuftze komme von einem unterirdischen Wasserlauf, der zeitweise eingetrocknet sei. Wenn dann neues Wasser nachlaufe, gebe es diese unheimlichen Laute.

Wie auch immer: unheimlich war es jedes Mal, wenn man daran vorbeikam!

Im August 1940 ist der Haltenacherhof abgebrannt. Niemand hatte mehr den Mut, den Bauernhof neu aufzubauen.

Auch die roten Hunde sind seither niemandem mehr begegnet – wer weiss, vielleicht schlummern sie irgendwo, um plötzlich wieder aufzutauchen und die friedlichen Wanderer zu erschrecken.


Geschrieben am 11. Juli 2023
--single